Als Fränkin oder Franke hat Frau oder Mann es nicht immer leicht, denn Vorurteile gibt´s wahrlich genug. So gilt das Frankenvolk als mürrisch, stur und verschlossen. Zum Lachen geht´s runter in den Keller, Schweigen ist Gold und Besuch… der muss nicht unbedingt sein. Zugegeben, von außen betrachtet stimmt das meiste davon sogar, doch liegt das doch vor allem daran, dass der Nicht-Franke oder die Nicht-Fränkin einfach keinen Zugang zur fränkischen Hochkultur findet. Sind wir ehrlich: Sprüche wie „Nix g´sacht, is gelobt genug!“ oder das fränkische Allzweckwort „fei“ sind längst wesentliche Bestandteile deutscher Sprachgeschichte. Und was wäre ein Fest, egal wo, ohne „Schäuferla, Bradwerscht und gutes Bier“ (das es selbstverständlich nur in Franken gibt)? Es wird Zeit, über die Errungenschaften und Bedeutung des Fränkischen zu sprechen und Nichteingeweihte daran teilhaben zu lassen. Jörg Kaiser tut das, ist er doch stolzer Franke und ausgewiesener Botschafter der fränkischen Sprache. Als frotzelnder Comedian taucht er tief in den Alltag ein und hält uns Frankenvolk den Spiegel vor. Am letzten Sonntag war der Wortakrobat auf der kleinKUNSTbühne im Gunzenhäuser Falkengarten zu Gast.

 

Es scheint kaum möglich, doch auch Franken altern, haben normale Jobs und müssen ab und zu was essen. Jörg Kaiser ist Betroffener, taucht tief in den alltäglichen Wahnsinn ein und lässt das begeisterte Publikum an seinen skurrilen Erlebnissen teilhaben. Das Besondere: Seine Geschichten hat jeder selbst schon erlebt oder kennt zumindest jemanden, der jemanden kennt, der davon erzählt hat. So gibt´s die typisch fränkische Bedienung mit Mürrefaktor, im Chaos endende Spieleabende mit der Familie unterm Weihnachtsbaum oder Dirty Dörtes Dessousladen mit gewöhnungsbedürftigen Unterwäschefarbkombinationen. Kurzum: Jörg Kaiser gelingt ein köstlicher Rundumblick, der irre witzig ist, aber auch nachdenklich macht. Sind wir Franken etwa lustig und merken es gar nicht? Was sollen bloß die anderen von uns denken?

 

Das Besondere an Jörg Kaiser: Seine Frotzeleien funktionieren auch ohne verbale Schläge unter die Gürtellinie. Auf Fäkalhumor verzichtet er, seine Stärken sind der Wortwitz und wuchtige sprachliche Bilder. Ohne Vorwarnung springt er in verschiedene Rollen und hat für Situationskomik den richtigen Riecher. Das Publikum honorierts und wird von ihm eingebunden, er nutzt es zur Entfaltung seiner urfränkischen Komik. Leider war der Gunzenhäuser Falkengarten am Sonntag mäßig besucht und der Künstler musste auf zahlreiche leere Bänke blicken. Das ist schade, denn Kultur braucht den Austausch und gegenseitiges Interesse. Daher sein Appell am Ende: „Besucht die angebotenen Veranstaltungen, damit Kultur überleben kann!“  

 

Auf der kleinKUNSTbühne geht es bereits nächsten Sonntag um 19 Uhr weiter, dann mit dem feinsinnigen Theaterstück „Halpern & Johnson“ von Lionel Goldstein. Nähere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite des Gunzenhäuser Kulturamts unter www.gunzenhausen.info, per Telefon 09831/508 109 oder per E-Mail an kulturamt@gunzenhausen.de.